Scheidungskosten
Eine Scheidung belastet ohnehin genug – hinzu zum emotionalen Stress kommt dann auch noch die finanzielle Belastung. Für viele Mandanten steht daher vor dem Gang zum "Scheidungsanwalt" verständlicherweise die Frage, was eine Scheidung kostet. Wir möchten Ihnen hier einen Überblick über die Kosten einer Scheidung geben. Eine genaue Berechnung der Scheidungskosten ist nur im Einzelfall und unter Kenntnis der konkreten Vermögensverhältnisse der Ehegatten möglich. Die folgende Darstellung kann Ihnen jedoch einen guten Einblick in die Grundlagen der Berechnung vermitteln.
Grundlage der Scheidungskosten: Der Verfahrenswert
Für jedes familiengerichtliche Verfahren (z.B. Scheidungsverfahren) wird vom Gericht ein Verfahrenswert festgesetzt, nach dem sich die Gerichtskosten und grundsätzlich auch die Rechtsanwaltsgebühren bemessen. Die Ermittlung des Verfahrenswertes erfolgt auf der Grundlage des Gesetzes über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG).
Der Verfahrenswert für eine Scheidung beläuft sich in der Regel auf drei Monatsnettoeinkommen beider Ehegatten bezogen auf die letzten drei Monate vor Einreichung des Scheidungsantrages. Dabei darf der Verfahrenswert nicht unter 3.000,00 EUR und nicht über 1.000.000,00 EUR angenommen werden. Auch das Vermögen der Ehegatten sowie Kinderfreibeträge können vom Gericht bei der Bemessung berücksichtigt werden. Hinzu kommt der Verfahrenswert für den Versorgungsausgleich.
Die Kosten einer Scheidung sind daher einkommensabhängig und entsprechend individuell verschieden. Die Frage, was eine Scheidung im Durchschnitt kostet, führt den Einzelnen daher nicht zum Ziel. Lesen Sie im Folgenden weiter, wie sich die Scheidungskosten zusammensetzen und, wer zahlt.
Gerichtskosten und Anwaltsvergütung
Auf Grundlage des Verfahrenswertes richten sich die Gerichtskosten nach dem Kostenverzeichnis zum FamGKG; die Vergütung des Rechtsanwalts richtet sich grundsätzlich nach dem Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
Hinsichtlich der Anwaltskosten sind zwei Dinge von besonderem Interesse:
- Erstens hat jede Partei im Scheidungsverfahren die eigenen Anwaltskosten selbst zu tragen. Anders als in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gibt es keinen „Gewinner“ oder „Verlierer“, so dass die Kosten nicht einer Partei auferlegt werden.
- Zweitens ist es Rechtsanwälten in gerichtlichen Verfahren grundsätzlich untersagt, die sich nach dem RVG bemessende gesetzliche Vergütung zu unterschreiten. Eine Überschreitung der gesetzlichen Vergütung ist hingegen möglich, soweit dies ausdrücklich zwischen Rechtsanwalt und Mandant vereinbart wird. Wir berechnen im Scheidungsverfahren grundsätzlich auf Basis des RVG die gesetzliche Vergütung.
Beispielrechnung
Eine grobe Orientierung hinsichtlich der Scheidungskosten gibt das folgende Beispiel. Zur Vereinfachung wird ein Scheidungsverfahren ohne Versorgungsausgleich dargestellt:
Das Ehepaar (M. und F.) hat keine minderjährigen Kinder. M. verdient monatlich 2.000,- EUR netto, F. monatlich 1.000,- EUR netto. Ein zu berücksichtigendes Vermögen der Ehegatten ist nicht vorhanden. Es ergibt sich ein Verfahrenswert für das Scheidungsverfahren in Höhe von 9.000,- EUR (= drei Monatsnettoeinkommen beider Ehegatten) und ein Verfahrenswert für den Versorgungsausgleich in Höhe von 1.000,- EUR (Mindestwert, auch wenn kein Versorgungsausgleich stattfindet). Das Gericht nimmt daher einen Verfahrenswert in Höhe von insgesamt 10.000,- EUR an. Daraus ergibt sich eine gesetzliche Vergütung des Rechtsanwaltes in Höhe von 1.850,45 EUR. Die Gerichtskosten betragen 532,00 EUR, welche M. und F. je zur Hälfte tragen.
Anmerkung: Die Rechtsanwaltsvergütung fällt zweimal an, wenn beide Ehegatten anwaltlich vertreten sind. Rechtsanwälten ist es untersagt widerstreitende Interessen zu vertreten. Es ist allein die Beratung und Vertretung nur eines der Ehegatten zulässig; der Rechtsanwalt ist insoweit parteiisch. Sollten die Ehegatten sich der Kosten wegen für die einvernehmliche Scheidung mit nur einem Anwalt entscheiden, so ist dies grundsätzlich möglich. Allerdings sollte der nicht anwaltlich vertretene Ehegatte sich der hiermit für ihn verbundenen möglichen Nachteile bewusst sein. Dies gilt beispielsweise dann, wenn sinnvoller Weise vor Gericht ein Vergleich geschlossen, oder eigene Anträge gestellt werden sollten. Aufgrund des hierfür geltenden Anwaltszwangs ist dies dem nicht vertretenen Ehegatten unmöglich. Auch wird der nicht vertretene Ehegatte bereits die Ausgangsfrage, ob man tatsächlich über „alles“ einig ist, möglicherweise nicht zutreffend sich selbst beantworten können, wenn hierzu keine vorherige Beratung erfolgt ist. Eine pauschale Empfehlung ist an dieser Stelle jedoch nicht möglich. Es kommt wie immer auf die Interessenlage im Einzelfall an.
Rechtsschutz/ Steuern/ VKH
Schließlich stellt sich für viele Mandanten die Frage, ob und wie sich die Scheidungskosten wirtschaftlich abmildern lassen.
Rechtsschutzversicherungen tragen Scheidungskosten im Grundsatz nicht. Die Kosten sind deshalb nicht abgedeckt, weil eine Scheidung kein versicherbares Risiko ist. Eine Ausnahme gibt es beispielsweise insoweit, als Rechtsschutzversicherungen teils die Kosten einer anwaltlichen Erstberatung übernehmen. Ob dies im Einzelfall so ist, können Sie in den für Ihren Vertrag geltenden Versicherungsbedingung nachlesen. Alternativ können Sie einfach bei Ihrem Versicherer anfragen. Bei dieser Gelegenheit können Sie Ihren Versicherer gleich um Deckungszusage und Mitteilung einer Schadennummer bitten.
Steuerlich sind die Kosten einer Scheidung für Zeiträume ab 2013 grundsätzlich nicht absetzbar. Etwas anderes gilt allein dann, wenn der jeweilige Ehegatte die Kosten zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und lebensnotwendigen Bedürfnisse aufgewendet hat. In seinem Urteil vom 18.05.2017 hat der Bundesfinanzhof entschieden, hiervon könne nur dann ausgegangen werden, wenn die wirtschaftliche Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen bedroht sei (BFH VI R 9/16). Die Voraussetzungen eines steuerlichen Abzug liegen bei einer Scheidung demnach in der Regel nicht vor. Nur ausnahmsweise – etwa in Fällen einer Unternehmerehe – kann im Einzelfall der Abzug möglich sein. Insgesamt erscheint es jedoch fraglich, ob diese Einschränkungen verfassungsrechtlich zulässig sind. Sprechen Sie hierzu gegebenenfalls Ihren Steuerberater an.
Im Übrigen besteht die Möglichkeit, falls Sie die Kosten nicht selbst tragen können, Verfahrenskostenhilfe (VKH) zu beantragen. Informationen hierzu erhalten Sie beim für Ihren Wohnsitz zuständigen Amtsgericht oder bei uns.
Ihr Ansprechpartner in unserer Kanzlei:
Rechtsanwältin Miriam Holch begleitet Sie als Fachanwältin für Familienrecht in allen Stadien Ihrer Trennung und Scheidung – erfahren, lösungsorientiert und effizient.
Sprechen Sie uns hierzu gerne an unter Kontakt.
Eine Übersicht zu unserem familienrechtlichen Leistungsangebot finden Sie hier.
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